Taschenuhren waren ein wichtiger Bestandteil der modernen Zivilisation und der Entwicklung der Uhrenindustrie. Seit dem 16. Jahrhundert gehören sie fest zur männlichen Mode. Diese kleinen, runden Uhren dienten als tragbare Zeitmesser und waren ein Statussymbol, bis die Massenproduktion möglich wurde.
Mann mit Taschenuhr, ca. 1560er Jahre
Anfänge:
Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts hatte die Maschinenbautechnik einen Stand erreicht, an dem einfache Federmechanismen, sogenannte Zugfedern, hergestellt werden konnten. Dem deutschen Erfinder Peter Henlein gelang es, eine Uhr zu entwickeln, die keine Fallgewichte für den Antrieb benötigte. Diese frühen Taschenuhren wurden tatsächlich als Anhänger an einer Kette getragen.
Sie waren eiförmig und klobig, da die Vorderseite des Gehäuses zum Schutz des Zifferblatts abgerundet war, bevor Gläser eingesetzt wurden. Diese Deckel waren teilweise sogar mit Gittern verziert, sodass die Zeit abgelesen werden konnte, ohne das Gehäuse zu öffnen. Die Einführung von Schrauben in den 1550er Jahren ermöglichte den Übergang zur heutigen flachen Form der Taschenuhr. Dadurch konnte ein Messingdeckel angebracht werden, der das Zifferblatt vor äußeren Beschädigungen schützte. Da es sich um eine Übergangsphase zwischen Armbanduhr und Zeitmesser handelte, besaßen die frühen Taschenuhren lediglich einen Stundenzeiger.
Karl II. von England
gilt als derjenige, der das Tragen einer Taschenuhr in der Hosentasche für Männer einführte, während Frauen sie weiterhin an Ketten um den Hals trugen. Karl II. führte 1675 Westen ein und veränderte damit die Form dieser frühen Uhren und ihre Trageweise grundlegend. Zu dieser Zeit wurde auch Glas eingeführt, um das Zifferblatt zu schützen.
Die Form wurde weiterentwickelt und abgeflacht, damit die Uhr in eine Westentasche passte. Alle scharfen Kanten wurden entfernt, um ein Einschneiden in den Stoff und den Verlust der Uhr zu verhindern. Damals wurden Uhren noch durch Drehen eines Schlüssels aufgezogen; automatische Aufziehmechanismen kamen erst viel später auf. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galten Uhren als Luxusartikel, die der Elite vorbehalten waren.
Technologische Verbesserungen:
Die frühen Taschenuhren gingen ungenau und verloren oft mehrere Stunden pro Tag. Die entscheidende Weiterentwicklung der Ankerhemmung revolutionierte die Ganggenauigkeit und ermöglichte es den Uhren, nur noch ein bis zwei Minuten pro Tag nachzugehen. Dank dieser Hemmung konnte auch der Minutenzeiger in Taschenuhren integriert werden.
In den 1820er Jahren gehörten Hebel zum Standard in der Uhrenmechanik. Ende der 1850er Jahre wurden standardisierte Bauteile eingeführt, wodurch Uhren standardisiert und für jedermann erhältlich wurden. Diese Uhren waren langlebig, genau und gleichzeitig preiswert. Die amerikanische Waltham Watch Company produzierte über 50.000 hochwertige Uhren und legte damit den Grundstein für die Uhrenproduktion.
Arten von Taschenuhren
Offene Uhren:
Diese Uhren besitzen keine Metallabdeckung zum Schutz des Glases. Die Aufzugswelle befindet sich bei 12 Uhr, die kleine Sekunde bei 6 Uhr. Offene Uhren waren im Eisenbahndienst vorgeschrieben, um die Zeit schnell ablesen zu können.
Hunter-Case-Uhren:
Diese Uhrenart besaß einen federgelagerten Metalldeckel, der Zifferblatt und Glas schützte. Antike Ausführungen hatten das Scharnier bei 9 Uhr und die Krone bei 3 Uhr. Moderne Varianten sind anders aufgebaut: Hier befindet sich das Scharnier bei 6 Uhr und die Krone bei 12 Uhr. Diese Gehäuse konnten auch graviert werden, und es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Designs.
Doppeljäger-Uhren
ähneln den Hunter-Case-Uhren und verfügen ebenfalls über einen aufklappbaren Gehäuseboden, der den Blick auf das mechanische Uhrwerk freigibt. Die Scharniere befinden sich bei 6 Uhr, sodass beide Seiten geöffnet werden können und die Uhr selbstständig steht.
Arten von Taschenuhrwerken
Geheimnisvoller Aufzug:
Die ersten Taschenuhren vom 16. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts besaßen alle einen Aufzugsmechanismus. Zum Aufziehen und Einstellen der Zeit benötigten diese Taschenuhren einen Schlüssel. In der Regel entfernte man den Gehäuseboden und steckte den Schlüssel in eine spezielle Fassung, die mit dem Aufzugsmechanismus verbunden war.
Derselbe Schlüssel wurde zum Einstellen der Zeit verwendet. Man steckte den Schlüssel in den Stellmechanismus, der mit dem Minutenrad verbunden war, um die Zeiger zu drehen. Einige Uhren hatten kein Stellsystem auf der Rückseite. Bei diesen Modellen mussten Glas und Lünette entfernt werden. Kronenaufzug:
Ähnlich
wie moderne Armbanduhren verfügten spätere Versionen der Taschenuhr über einen Kronenaufzug. Dieser wurde Mitte der 1840er Jahre von Adrien Philippe entwickelt und in den 1850er Jahren von Patek Philippe vermarktet. Bei einigen Uhren konnte die Zeit auch über die Krone eingestellt werden. Eine weitere gängige Methode zum Einstellen der Zeit war die Hebelverstellung. Bei dieser Variante wird der Hebel herausgezogen, wodurch die Krone zum Einstellen der Zeit gedreht werden kann. Nach Gebrauch wurde der Hebel zurückgeschoben und Glas und Lünette geschlossen. Die Hebelverstellung der Zeit verhinderte unerwartete Zeitänderungen.
Moderne
Entwicklungen wie die Standardisierung der Zeit durch Zeitzonen und der Bedarf an präzisen Zeitmessungen waren um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert von großer Bedeutung. Das berühmte Zugunglück von Ohio im Jahr 1891 ereignete sich, weil die Uhren zweier Lokführer um vier Minuten abwichen. Der
Erste Weltkrieg führte zu einem Rückgang des Stils und der Verwendung von Taschenuhren. Da Soldaten die Hände frei haben mussten, begannen Designer, Taschenuhren mit einem Armband auszustatten, das am Handgelenk getragen werden konnte. Da so viele Männer diese neuen Uhrenmodelle, auch als Grabenuhren bekannt, trugen, wurden sie populär und veränderten die Uhrenwelt.
In den 1920er Jahren trugen Männer üblicherweise Dreiteiler, die es ihnen ermöglichten, die Taschenuhr in der Westentasche zu tragen. In den 1970er und 1980er Jahren erlebten Dreiteiler eine Renaissance, und Taschenuhren wurden wieder häufiger getragen. Auch heute noch gibt es Menschen, die Taschenuhren verwenden. Die Steampunk-Bewegung greift die Kunst und den Stil des viktorianischen Zeitalters auf, darunter auch Taschenuhren. Manche elegante Herren tragen heutzutage den trendigen Dreiteiler und dazu passende Taschenuhren.











